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Krypto-Verwahrlizenzen in Deutschland – wo sind die Banken?

Während ein FinTech nach dem anderen eine begehrte Krypto-Depotlizenz ergattert, hört man von klassischen deutschen Geschäftsbanken: nichts. Verschläft der deutsche Finanzsektor die Bitcoin-Revolution?

Krypto-Deutschland hat regulatorische Sicherheit. Seit dem 12. Dezember 2019 ist hierzulande das Gesetz zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur vierten EU-Geldwäscherichtlinie in Kraft und damit auch der Tatbestand des Krypto-Custody-Geschäfts.

Unternehmen, die digitale Vermögenswerte wie Kryptowährungen für Dritte verwahren wollen (sog. Custody), müssen ab sofort bei der BaFin eine Krypto-Custody-Lizenz beantragen. Genauer gesagt: Wer muss bei der BaFin eine schriftliche Erlaubnis einholen, da im Merkblatt die Finanzaufsicht genannt wird.

Wer sich also über mangelnde Regulierung beklagt hat – hier ist sie. Doch die Lizenzen sind rar gesät. Mit Stand Oktober 2021 hat die BaFin in Deutschland genau drei Krypto-Depotlizenzen vergeben: Coinbase Deutschland, Kapilendo und seit kurzem auch das Münchner Start-up Tangany sind die einzigen drei Unternehmen, die eine solche Lizenz ergattern konnten.

Während Coinbase Deutschland im Juni dieses Jahres die Erlaubnis zur Ausübung des Krypto-Custody-Geschäfts erhielt, folgte Kapilendo als zweites Unternehmen am 15. September und Tangany kürzlich Anfang Oktober. Ursprünglich hatte die BaFin 28 Anträge erhalten. Ob die anderen 25 noch bewilligt werden oder ob sie bereits abgelehnt wurden, ist nicht bekannt, da die BaFin keine Aussagen über Verzichtserklärungen macht.

Coinbase-Lizenz erregt Aufsehen

Dass ausgerechnet Coinbase die erste Meldung erhalten hat, hat in der Bitcoin-Szene für einiges Aufsehen gesorgt. Immerhin ist das Unternehmen mit einem Marktwert von rund 60 Milliarden US-Dollar nicht nur eines der größten Kryptounternehmen der Welt, sondern auch eines der größten FinTechs überhaupt. Zum Vergleich: Die Deutsche Bank hat derzeit eine Marktkapitalisierung von „nur“ 26 Milliarden US-Dollar.

Die Vorwürfe, dass Coinbase hier bevorzugt behandelt wurde, wirft die zuständige Finanzaufsichtsbehörde jedoch zurück. Per E-Mail wurde uns mitgeteilt, dass „die Erlaubnisanträge grundsätzlich in chronologischer Reihenfolge bearbeitet [werden]. Die Dauer eines Erlaubnisverfahrens hängt maßgeblich von der Art, dem Umfang und der Vollständigkeit des Antrags ab. Sobald eine Prüfung ergeben hat, dass die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind, wird eine entsprechende Erlaubnis erteilt. “

Mit anderen Worten: Coinbase war einfach schneller als die Konkurrenz und konnte alle notwendigen Unterlagen vorlegen.

Krypto-Verwahrung: Eine Chance für Banken?

Dass die Marktkapitalisierung einer US-Bitcoin-Börse inzwischen mehr als doppelt so groß ist wie die des größten deutschen Kreditinstituts, zeigt einmal mehr, dass sich ein Machtwechsel im Finanzsektor abzeichnet. Dennoch könnten unter den verbleibenden 25 Bewerbern auch große deutsche Geschäftsbanken sein.
Das glaubt zumindest Martin Janda, Blockchain-Experte bei NTT DATA. Er sagte gegenüber BTC-ECHO:

„Das Krypto-Custody eröffnet den Banken eine einmalige Chance, diese Entwicklung umzukehren. Ich würde den Banken empfehlen, diese Chance zu nutzen, um in Zukunft Dienstleistungen in einem völlig neuen Geschäftsfeld anbieten zu können. “

NTT Data ist erst seit kurzem im Bereich der Krypto-Verwahrung tätig. Als Autor hat Janda ein Arbeitspapier über den Stand der Dinge bei der Bitcoin-Verwahrung verfasst. In dem Papier mit dem Titel „Erfolgreiche Implementierung von Lösungen für die Krypto-Verwahrung mit NTT DATA“ heißt es:

Die Vorteile einer sicheren und komfortablen Krypto-Verwahrung sind jedoch groß, insbesondere wenn es um die Kundenbindung geht. Darüber hinaus ist eine professionelle Krypto-Verwahrung der Kern für neue Anlage- und Finanzierungslösungen sowie für ganzheitliche, tokenbasierte Ökosysteme mit digitalen Identitäten als umfassende Zugangsmöglichkeit.

Mit anderen Worten: Ohne eine Krypto-Strategie geht im Finanzsektor heute nichts mehr.

Immerhin: Commerzbank und Deutsche Bank kommen sich näher

Auf Nachfrage bei der BaFin konnten wir jedoch nicht in Erfahrung bringen, ob deutsche Großbanken unter den Bewerbern für die Verwahrlizenzen sind. Eine kryptospezifische Strategie von Banken wie der Commerzbank ist derzeit nicht zu erkennen. Im Gegenteil: Im Februar dieses Jahres hatte sich die Bank mit einem Anti-Bitcoin-Bericht blamiert. Das Dokument war ein Sammelsurium aus klassischem FUD und widersprüchlichen Argumenten wie dem fehlenden „inneren Wert“ von Bitcoin. Das Dokument offenbarte auch eklatante Wissenslücken.

Die Bank argumentierte, dass Bitcoin nichts weiter als eine „Schattenwährung“ sei, die hauptsächlich von Kriminellen genutzt werde. Aufmerksame Leser von BTC-ECHO wissen jedoch, dass die Schwarzmarktwährung Nr. 1 immer noch der US-Dollar ist und Kryptowährungen einen immer geringeren Anteil an kriminellen Transaktionen ausmachen.

„Das Thema wird von den Banken immer noch nicht ernst genommen. Der Krypto-Sektor hat immer noch ein schlechtes Image“, so Janda.

Unterdessen nähert sich die Commerzbank dem Thema Kryptowährungen zumindest an. Ein Unternehmenssprecher sagte gegenüber BTC-ECHO:

„Wir beschäftigen uns intensiv mit dem Thema Krypto-Assets, also mit der Verwahrung und dem Handel von nicht-physischen Assets. Zu diesem Zweck sind wir im Frühjahr 2021 eine Kooperation mit der Gruppe Deutsche Börse und FinTech 360x eingegangen. Darüber hinaus verfolgen wir eine eigene Digital-Asset-Strategie und planen auch für die kommenden Jahre eigene Angebote für unsere Kunden. “

Banken könnten den Anschluss an das 21. Jahrhundert verlieren

Für die traditionellen Banken ist es mehr als notwendig, den Anschluss an das 21. Jahrhundert zu finden. Doch dafür ist es bald zu spät: Unter anderem aufgrund der Niedrigzinspolitik ist das klassische Kreditgeschäft längst nicht mehr lukrativ. Coinbase und Co. bereiten sich derweil darauf vor, den traditionellen Finanzsektor zu überholen.

Auch von der Deutschen Bank hat man in diesen Tagen nicht viel gehört. Mit Alexander Bechtel hat sie zwar einen etablierten Krypto-Profi in den eigenen Reihen. Konkrete Erfolge hat das aber noch nicht gebracht.

Lediglich ein Dokument des Weltwirtschaftsforums 2020 gibt einen Hinweis auf die Krypto-Strategie der Deutschen Bank. Darin heißt es:

„Die Deutsche Bank strebt die Entwicklung einer vollständig integrierten Verwahrungsplattform für institutionelle Kunden und deren digitale Vermögenswerte an, die sich nahtlos mit dem breiteren Kryptowährungsökosystem verbindet.“

Wir wollten wissen, inwieweit diese Pläne bereits verwirklicht wurden, aber wir konnten die Deutsche Bank bis zum Redaktionsschluss nicht für eine Stellungnahme erreichen.

Aber eines ist sicher: Wenn die Banken den Anschluss an das 21. Jahrhundert nicht verpassen wollen, sollten sie ihr Möglichstes tun, wenn es um die Krypto-Verwahrung geht.